Nutri-Score beeinflusst Kaufverhalten – ISM-Studien: Konsumenten wählen gesündere Produkte - aber Gefahr von Nutritional Greenwashing

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Köln (ots)

 

Wenn Lebensmittel mit dem sogenannten Nutri-Score gekennzeichnet sind, entscheiden sich Käufer anders – so das Ergebnis einer Studie der International School of Management (ISM) unter Leitung von Prof. Dr. Jens Kai Perret. Auch wenn Experten aus der Lebensmittelindustrie den Nutri-Score in seiner Funktion kritisch beurteilen, denken die Befragten vor der Kaufentscheidung bei Produkten mit Siegel eher darüber nach, ob ein Produkt gesund ist als ohne Kennzeichnung. Nahezu ein Viertel entscheidet sich aufgrund des Nutri-Scores für das vermeintlich gesündere Lebensmittel. Dabei spielen Alter und Geschlecht keine Rolle. In Zentralamerika ist das Vertrauen der Konsumenten in eine solche Lebensmittelkennzeichnung geringer – so das Ergebnis einer weiteren Interviewstudie des Forscherteams.

Die guten Vorsätze vom Jahreswechsel sind zumindest noch im Hinterkopf etlicher Verbraucher. Darunter ist der allseits beliebte Vorsatz, jedes Jahr wieder eine gesündere Ernährung bzw. Lebensweise anzustreben. Und wer sich darum keine Sorgen macht, möchte spätestens beim Thema Figur wieder Fitness bis zum Sommer an den Tag legen. Dabei spielt die Ernährung eine große Rolle.

Auch die Politik beschäftigt sich bereits seit Jahren damit, die Bevölkerung bei einer gesünderen Lebensweise zu unterstützen. So soll bis 2025 der Anteil von Zucker, Fett und Salz in vielen Fertigprodukten reduziert werden. Zu diesem Zweck wurde in Deutschland im Jahr 2020 der Nutri-Score eingeführt, ein sogenanntes Front-of-Package Label, das mittels einer fünfstufigen Farb- und Buchstabenskala einen Überblick über die Nährwertbewertung eines Produkts geben soll. Aber welchen Einfluss hat eine solche Kennzeichnung auf das Kaufverhalten der Konsumenten?

Nutri-Score hilft bei der Ernährungswahl

Die Studie unter Leitung von Prof. Jens Kai Perret zeigt klar: Das Siegel beeinflusst die Kaufentscheidung in Richtung gesünderer Produkte. Bei der Befragung wurde 296 Probanden ein Fragebogen mit insgesamt 24 Fragen vorgelegt. Vorab wurden sie gefragt, ob sie den Nutri-Score kennen. Drei von vier der Befragten (73 Prozent) gaben an, das Label bereits zu kennen und über seine Bedeutung Bescheid zu wissen. Ergebnis der Befragung: Die Teilnehmer legen offensichtlich Wert auf eine gesunde Ernährung. Sie wählen das bessere bzw. gesündere Produkt, wenn sie die Bewertung über den Score vorliegen haben (23,6 Prozent). Weder Geschlecht noch Alter haben in diesem Fall einen signifikanten Einfluss auf die Kaufabsicht.

„Die Ergebnisse legen nahe, dass der Nutri-Score es schafft, die deutsche Bevölkerung in ihren Ernährungsgewohnheiten deutlich zu beeinflussen, und externe Studien belegen, dass er dies auch wesentlich besser vermag als vergleichbare Front-of-Package-Label – die vereinfachte Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite verpackter Lebensmittel“, resümiert Perret.

Hebt der Nutri-Score wirklich gesunde Lebensmittel hervor?

In einer weiteren Interviewstudie mit 23 Experten aus der Lebensmittelindustrie und Konsumenten aus unterschiedlichen Generationen wird die tatsächliche Relevanz des Nutri-Score als Kennzeichnung gesunder Lebensmittel hinterfragt. Gerade Industrieexperten sprechen dem Nutri-Score zwar eine Signalwirkung zu, betonen allerdings ganz deutlich die Breite der Optionen, die sich Unternehmen bieten, um darauf Einfluss zu nehmen und ein gutes Rating zu erzielen. So könnte daraus eine Art Nutritional Greenwashing werden.

Nicht jedes mit einem guten Nutri-Score ausgezeichnete Produkt ist also auch automatisch gesund. Ein genauer Blick auf die Inhaltsstoffe lohnt. Umgekehrt ist nicht jedes Produkt mit einem mittleren Nutri-Score automatisch schlecht.

Nutri-Score – eine Option für die Ernährungspolitik in Zentralamerika?

In Westeuropa ist die Kennzeichnung von Lebensmitteln durch den Nutri-Score, ausgehend von Frankreich, bereits etabliert. Aber wie sieht es auf dem amerikanischen Kontinent aus, zumal hier wesentlich mehr Menschen unter Fettleibigkeit leiden als in Europa? In Belize zum Beispiel ist bald jeder Dritte fettleibig, laut Angaben der Regierung aus dem Jahr 2023.

Das nahmen die Forscher der ISM als Basis für eine weitere qualitative Studie über die Akzeptanz des Nutri-Scores in Belize – aufbauend auf der Studie mit deutschen Teilnehmern. Gerade die Größe dieses kleinen Staates erlaubt es, bereits mit kleinen Stichproben einen breiteren Teil der Bevölkerung abzubilden. Es wurden elf Interviews mit Teilnehmern aus verschiedenen Berufsgruppen geführt, die zeigten, dass ein allgemeines Interesse an gesunder Ernährung vorhanden ist. So gaben zehn von elf Befragten an, dass gesunde Ernährung eine wichtige Rolle in ihrem Leben spiele, ungesunde Lebensmittel aber oft einfacher zugänglich seien. Ein gesunder Lebensstil mit Sport und gesunder Ernährung ist den meisten nach eigenen Angaben zwar wichtig, bei der Auswahl von Lebensmitteln entscheiden die Befragten dann aber nach Verfallsdatum und Preis.

Die schnell erfassbare Farbgestaltung auf dem Label Nutri-Score könnte helfen, gesundheitliche Aspekte der Lebensmittel besser zu erkennen und diese zu kaufen. Finanzielle Nöte stehen der Wahl des gesünderen Lebensmittels allerdings – mit oder ohne Label – entgegen. Aktuell wird diese Studie auf größere Länder in Lateinamerika, wie Mexiko und Kolumbien, ausgeweitet.

Zudem haben die Befragten nur ein mittleres Maß an Vertrauen in das Label, da das Etikett die Lebensmittel gesünder aussehen lassen könnte, als sie tatsächlich sind. Daher wäre es wichtig, dass die Verbraucher den Nährstoffgehalt der Verpackung selbst überprüfen, anstatt einem Etikett blind zu vertrauen.

Kennzeichnung der Lebensmittel also überflüssig?

Studienleiter Prof. Dr. Jens Kai Perret widerspricht und betont: „Die Studie in Belize verdeutlicht ein Problem, das auch in Deutschland und Westeuropa vorherrscht: Ein großer Teil der Bevölkerung ist der Meinung, dass er über genügend Wissen über gesunde Ernährung verfügt und daher kein Siegel benötigt, um seine Essgewohnheiten zu steuern. Entwicklungen in den Ernährungsgewohnheiten widersprechen dieser Wahrnehmung allerdings deutlich.“

Quelle: Original-Content von: International School of Management (ISM), übermittelt durch news aktuell

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